• Deutsch English

31. Januar 2012

Zwei, drei, viele Herzen schlagen ach in meiner Brust

Es ist dem frühen Tod des Dichters vor deutlich mehr als neunzig Jahren zu verdanken, dass ich diese Überschrift heute rechtlich bedenkenlos verwenden kann. Wäre Goethe Zeitgenosse oder auch nur noch im Katalog der Verwertungsgesellschaften vertreten, es wäre mir heutzutage nur mit Glück gestattet, ihn in diesem Zusammenhang zu zitieren, die Abänderung bräuchte ich wohl gar nicht erst zu versuchen. Ironischerweise ist das damals nicht vorhandene Urheberrecht mit ein Grund für seine ungeheure Schaffenskraft.

Neue Ideen braucht das Land, frischen Wind braucht die Welt. Die vorherrschende konservierende Rechtsvorstellung dient dem Machterhalt, der Beibehaltung vorhandener Zustände, dem Abblocken von Veränderung und Bewegung. Es kann kein Geheimnis sein, dass Stillstand den Tod von Kultur und Zivilisation bedeutet. Nicht von ungefähr gilt China, wo der Kopierschutz nicht so streng genommen wird als die aufstrebende Supermacht.

Zwei, drei, viele Herzen schlagen ach in meiner Brust. Neue Künstler braucht die Weltenseele. Ich träume von der absoluten, weil notwendigen Freiheit der Kunst. Ich träume von einer Generation von Kulturschaffenden, die ausreichend selbstbewußt und kreativ sind, um die Märchen der Verwertungsindustrie nicht mehr zu glauben und ihre Werke endlich frei, im besten Sinne des Wortes, zu leben. Ich träume von der Freiheit und nicht zuletzt angesichts der aktuellen weltweiten Bestrebungen habe ich Angst das Internet könnte sein Versprechen der Befreiung doch nicht halten.

Zwei, drei, viele Herzen schlagen ach in meiner Brust. Ich träume vom Kollektiv. Als Kind des Internetzeitalters habe ich beide Seiten der anarchistischen Freiheit kennen gelernt, die direkte Verfügbarkeit allen Wissens ebenso wie die damit einhergehende Datenschutzproblematik. Als Informatiker, Mathematiker, Logiker, Wissenschafter sind mir zwei Sachen heilig, der direkte und offene Zugang zu Methoden, Information und Erkenntnissen sowie deren Beweisführung bzw. Programmierung und die Wertschätzung der Urheber. Als Musiker fühle ich mich nach wie vor verunsichert, die zeitgemäßen Rollenbilder sind rar, der Umgang mit den neuen Medien ist auch für mich schwer.

Die Freiheit der Kultur steht auf wackeligen Füßen und es ist an der Zeit zu handeln. Urheberrecht, Markenrecht und Patentrecht sind übermächtige Kreativitätshemmnisse und bedrohen zunehmend die Möglichkeit neues zu schaffen. Die Verwertungsindustrie, Wirtschaftsimperien, ACTA und jetzt auch noch Kunst hat Recht verstärken den Würgegriff zusehends. Wir brauchen eine Plattform für freie Kunst. Wir haben Flickr, Twitter, Youtube, Vimeo, Creative Commons, das Internet-Archiv, Jamendo und so weiter). Wir brauchen eine starke internationale Vereinigung von Künstlern aller Sparten und aller Richtungen für die Freiheit Kunst zu machen. Wir brauchen eine sozial gerechte dem Zeitgeist angepaßte internationale und universelle "Verwertungsgesellschaft". Wir müssen kämpfen für die Freiheit Goethe auch morgen noch frei paraphrasieren zu dürfen!

Siehe auch:
derStandard.at: Leserkommentar-Kunst-und-Kaese
orf.at: Kunst hat Recht auf OE1
derStandard.at: Mehr-Rechte-gegen-die-Kunst
Erik Möller über Creative Commons, sehr empfehlenswert
Musik-Piraten

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen